Bio-Hymne

Mäuse, Zecken, Wasserpest,
Fink, der seinen Biotop verlässt,
Bizeps, Trizeps, Schlüsselbeine,
Geschlechtskrankheiten, Nierensteine,
DNS, Gen, Anämie,
mongoloide Idiotie;
PID und Rinderwahn,
Brechsucht und Ernährungsplan,
Graugans und Drosophila,
für jedermann ist etwas da.

Refrain:
Was da lebt, ist in Bewegung;
angepasst an die Umgebung,
kriechend, springend, laufend, schreitend,
Lebenskraft und Stress verbreitend,
in Natur und Jahrmillionen
durch Verändern oder Klonen.

Nützling, Unkraut, Wachstumszone;
Plankton, Fußpilz, Pheromone,
Lichtgenuss und Schattenpflanze,
Chlorophyll und Feuerwanze,
Darwin, Mendel, Watson, Crick;
Knochenmark wird zu Aspik.
Aus der Zelle wird ein Schwein
oder Mensch, das kann schon sein.
Tiere, Pflanzen, ich und du,
stets geht’s biologisch zu.

Refrain:

Nahrungskette, Energie,
Farbenwechsel, Mimikry
Das Leben spricht, mal laut mal leise
in vieler Hinsicht,  beispielsweise
vom Ruf, der einmal lockt, mal warnt,
von Farbe, die mal schreckt, mal tarnt
in Ökoteich und Wattenmeer,
bei Wasserschwund und Wiederkehr,
in Zellkern, Plasma und Vesikeln,
im Großen wie auch in Partikeln.

Refrain:

Das Gefühl, es kommt nicht ohne
Nerven, Sinne und Hormone.
Wut und Liebe, Angst und Hass,
Haut färbt sich mal rot, mal blass.
Demutsgesten, Aggression,
Menschenzivilisation;
mit viel Chic und viel Kultur    
zeigst du doch Fassade nur,
denn man findet auch bei dir
reichlich animale Gier.

Refrain:

Text: Roswitha Knappe
Die Melodie zur Hymne entwickelten Dan Riemer und Torsten Karow

 

Zurück zur Natur

Wir sind mit einigen Blumentöpfen in unsere Häuser gezogen. Herbstliche Tapeten geben Atmosphäre, der Duft ganzer Fichtenwälder steht komprimiert bereit, um verströmt zu werden. Auch im stummen Winter dringen Vogelstimmen an unser stereoverwöhntes Ohr. Exotische Raubkatzen kommen farbig in unsere Wohnungen und schauen uns aus nächster Distanz in die Augen. Wildheit und Blütenfrische frei Haus, jederzeit abrufbereit. Unbill (Unrecht, Schimpf) und gnadenlose Härte der rauhen Natur haben wir eingetauscht  gegen sanft gepolsterte Behaglichkeit. Von Kampf und Entbehrung ist nur noch der angenehme Reiz einer gewissen Nachempfindung geblieben. Die zeitgemäßen Abenteuer werden gründlich vorbereitet und für uns in Szene gesetzt. Wir fiebern ohne Schweiß und Atemnot.

 

Heinz Kahlau: Aber dann!

Du neuer Mensch
Mit deiner Glatze,
deinem krummen Bein,
deinem zahnlosen Lachen
und deinen strahlenden Augen.
Noch bist du ohne Sprache,
noch liegst du auf dem Bauch.
Aber bald!
Aber dann!

 

Hymnus auf dem Alkohol

(aus einem alten Commerzbuch)

Organische Formeln, sehe ich euch, so wird mir flau ums Herz.
Der Mann, der euch erfunden hat, dem Manne gönn’ ich Schmerz.
Doch eine Formel kennt ihr wohl, sie ist für alle da,
das ist der biedre Alkohol C2H5OH.

Fließt dieser in den Darmkanal, verliert er dort 2 H.
Er wird zum schnöden Aldehyd, schon ist der Kater da.
Gibts dafür denn kein Reagens, ich hab’ es „Heureka!“
Den Kater fällt im Überschuss C2H5OH.

Oft ist mein Silber all gelöst zur Sättigung in Bier,
und ungelöst als Rückstand blieb ein einz’ger Groschen mir.
Er lässt sich kaum zerlegen mehr, soll ich mich grämen da?
Er reicht ja grad zu einem Schnaps C2H5OH.

Zwar ist bei dir verschieden nicht die Lagerung im Raum,
Du hast kein asymmetrisch C, manch einer schätzt dich kaum.
aktiv bist du doch jedenfalls: Fühl ich doch selber da
schon deines Geistes Allgewalt C2H5OH.

Wenn in die Elemente einst mein ird’scher Leib zerfällt,
wenn frei wird C, H, O und N und duftet in die welt,
dann mag der „N“ verduften weit, doch bleib’ ein andrer da,
C, H und O und werde dann C2H5OH.